Im "Barnholz" nördlich von Osterburken liegt ein besonderer Limesabschnitt. Hier ist der Ort eines neuen und am gesamten Unesco-Welterbe Limes einzigartigen Schulunterrichts.
Das Ganztagsgymnasium Osterburken (GTO) untersucht in Zusammenarbeit mit dem Römermuseum Osterburken die Welterbestätte im Rahmen der Fächer Geographie, Biologie, Geschichte und Latein.
"Eins ... vier ... acht - Ja - eins ... vier ... drei - Ja" schallte es am Montag durch den Wald, Nivelliergeräte, Messlatten und ein kompliziertes Geflecht von Schnüren auf dem Boden bestimmten das Bild.
25 Schülerinnen und Schüler der Klasse 10d des Ganztagsgymnasiums Osterburken hatten sich am Morgen auf den Weg an den Limes gemacht und vermessen nun unter Anleitung von Dr. Jörg Scheuerbrandt, dem Leiter des Römermuseums Osterburken, und seinem Team den Limeswall. Die gerufenen Zahlen sind die ermittelten Höhenwerte, die später zu einem Geländemodell zusammengesetzt werden. Dadurch wird der Limeswall sichtbar, auch an Stellen, an denen mit bloßem Auge nichts mehr zu erkennen ist.
Das Projekt findet im Rahmen des Lateinunterrichts von Dr. Andreas Schmitt statt. Gefordert ist exaktes wissenschaftliches Arbeiten. Die Schüler leisten einen wichtigen Beitrag zur Zustandskontrolle des Unesco-Welterbes.
Die Vermessung ist Start einer langfristigen Zusammenarbeit zwischen dem Ganztagsgymnasium und dem Römermuseum in Osterburken. Nach den Sommerferien wird eine 7. Klasse die Patenschaft über den Limesabschnitt Barnholz übernehmen.
Vier Jahre Forschung
Der Limes wird sie dann als Anschauungsobjekt über vier Jahre in verschiedenen Fächern begleiten. In Klasse 7 liegt der Schwerpunkt im Fach Geographie, hier steht der Gebrauch von GPS-gestützten Systemen im Bildungsplan.
So werden die Limesreste in Karten verortet, dann im Gelände aufgesucht und dokumentiert. Für diesen Aspekt hat die Fachschaft am GTO schon eine Fortbildung der Geographielehrer durchgeführt.
Parallel wird im Fach Biologie der Baumbestand aufgenommen und die Gefährdung des Denkmals analysiert. Die Einmaligkeit der geplanten Maßnahme betont auch Dr. Martin Kemkes, der an diesem Tag nicht nur das Archäologische Landesmuseum Baden-Württemberg, sondern auch die Deutsche Limeskommission vertritt.
Im Bewusstsein verankern
Das Projekt stehe beispielhaft für den Anspruch der Unesco, die Welterbestätten im Bewusstsein der Bevölkerung zu verankern. Die Schüler lernten am Beispiel des römischen Limes ihre identitätsstiftende Geschichte kennen.
Die Schulleiterin des GTO, Regina Krudewig-Bartel, freut sich über den Start des Projektes. Sie unterstützt den Bildungsauftrag des Gymnasiums, der neben Allgemeinbildung auch wissenschaftliches Arbeiten beinhaltet. Der Limes "vor der Haustür" biete eine einzigartige Profilierungschance.
Bedeutung wird erlebbar
Die Schüler könnten sich hier der eigenen, ganz besonderen historischen und kulturellen Grundlagen bewusst werden, so Krudewig-Bartel.
Damit arbeiten sie am Weltkulturerbe Limes, das in einer Reihe geführt wird mit den ägyptischen Pyramiden, der Chinesischen Mauer und anderen großen Denkmälern der Menschheitsgeschichte. Diese Bedeutung für Schüler erlebbar und erfahrbar werden zu lassen - das ist der Schulleiterin ein besonders wichtiges Anliegen.
Landrat Dr. Achim Brötel und Bürgermeister Jürgen Galm, die sich bei einem spontanen Informationsbesuch gemeinsam ein Bild von der Aktion machten, zeigten sich begeistert.
Das sei, so beide übereinstimmend, nicht nur eine völlig andere Form des Unterrichts, die allen Beteiligten sichtlich Spaß mache, sondern vor allem auch ein wertvoller Beitrag zum Erhalt, zum Schutz und zur nachhaltigen Verankerung des Limes im geschichtlichen Bewusstsein unserer Region.
Gerade weil das "stille Welterbe" Limes zu weiten Teilen unter der Erde liege, sei es deshalb umso wichtiger, die besondere Bedeutung des längsten Bodendenkmals in ganz Europa immer wieder neu zu beleben.
Das Ganztagsgymnasium werde mit der Übernahme der Limes-Patenschaft seinem Ruf als innovative und zukunftsorientierte Schule deshalb einmal mehr in hervorragender Weise gerecht. F
© Fränkische Nachrichten, Mittwoch, 20.07.2016